Nelson – unser Buckskin-Fohlen von FS Numero Uno aus unserer Verb.Pr.St. Cinderella – wurde 2018 im Rheinland mit der Goldmedaille ausgezeichnet. Unser ganzer Stolz sollte sich in der artgerechten Hengstaufzucht auf seine sportliche Karriere vorbereiten.
Im März 2019 dann der Schock: Nelson blieb aus ungeklärten Gründen mit dem Kopf in einem handelsüblichen Weidetor hängen. Zu sehen war nur eine kleine Wunde über dem linken Auge, die im ersten Moment erst einmal nicht weiter schlimm aussah.
Doch diese vermeintlich kleine Wunde wollte einfach nicht heilen und so überwies uns unser Tierarzt nach vier Wochen in die Tierklinik. Dort wurde im Rahmen der Untersuchung eine Fraktur des Schädels festgestellt und die Knochensplitter in einer aufwendigen OP entfernt. Die Wunde verheilte gut und Nelson hat alles super verarbeitet – er ist einfach das liebste Pony.
Anfang August wuchs dann plötzlich eine Beule an der gleichen Stelle und Nelson veränderte sich – er wurde sehr ruhig, obwohl er ja ohnehin eher ein ruhiger Vertreter ist, aber er fraß schlecht und wurde zunehmend apathisch. Irgend etwas konnte hier nicht stimmen.
Also fuhren wir mit ihm wieder in die Klinik. Dort wurde dann eine Umfangsvermehrung auf dem linken Kiefergelenk festgestellt. Diese Umfangsvermehrung musste operativ entfernt werden, soweit das an dieser Stelle möglich war. Im Labor entpuppte sich die Probe als Überbein – sehr wahrscheinlich verursacht durch ein stumpfes Trauma infolge des Unfalls mit dem Weidetor. Nelson erholte sich auch dieses Mal sehr gut und war schnell wieder der alte liebe Kerl.
Über den Winter ging die Schwellung gut zurück und von der Narbe und der Beule über dem linken Auge war kaum noch etwas zu sehen.
Im April diesen Jahres war die Beule an der gleichen Stelle plötzlich wieder da, als ob sie nie entfernt worden war und Nelson veränderte sich auch wieder – er hatte sichtlich Schmerzen. Wir fuhren abermals in die Klinik, wo festgestellt wurde, dass das Überbein wieder gewachsen war und das Kiefergelenk zudem eine starke Arthrose ausgebildet hatte. Die Ärzte wunderten sich, dass er überhaupt noch fressen konnte, er muss enorme Schmerzen gehabt haben.
Nun standen wir mit dem Rücken zur Wand und hatten nur noch zwei Möglichkeiten: einschläfern oder einen Teil des Kiefergelenks entfernen lassen (sog. Kondylektomie).
Das Kiefergelenk zu entfernen (sei zumindest in der Theorie) kein großes Problem, auch wenn dies für das Pony natürlich ein sehr großer Eingriff ist. In der Theorie könnten die Muskeln die Aufgaben an dieser Stelle ohne Weiteres übernehmen und es seien keine Folgeprobleme zu erwarten. Soweit die Theorie. Die Klinikärzte tendierten allerdings zum Einschläfern, da sie in der Praxis ein Kiefergelenk noch nie entfernt hätten und ihnen auch noch kein praktischer Fall dieser Art bekannt sei.
Die Prognose für unseren erst zweijährigen Nelson war alles andere als ermutigend, ein dritter – sehr großer – operativer Eingriff mit hohem Risiko und ungewissem Ausgang oder ein Leben mit Schmerzen, von dem niemand wusste, wie lange er das durchhalten könnte – ganz davon abgesehen, dass es eine Zumutung gewesen wäre und wir es auch nicht hätten verantworten können, ihn sich quälen zu sehen.
Wir waren am Boden zerstört. Unser Nelson, selbst gezogen und Goldfohlen, sollten wir mit nur 2 Jahren über die Regenbogenbrücke gehen lassen? Nelson bekam erst seit wenigen Tagen wieder Schmerzmittel, fraß noch gut und sah eigentlich auch noch gut aus… wir wollten ihn noch nicht aufgeben und fragten überall nach, ob so ein ähnlicher Fall schon irgendwo bekannt war… vergebens!
Also schrieben wir sämtliche Kliniken an, schilderten die Situation und wollten uns zumindest eine weitere Meinung einholen. Wir hatten Glück, ein Professor der Uni-Klinik Gießen meldete sich und gab uns wieder Hoffnung. Er hatte einige Erfahrung mit derartigen Eingriffen und in seiner langjährigen Laufbahn wohl selbst „eine Hand voll“ dieser schwierigen OPs durchgeführt. Also brachten wir unseren Nelson nach Gießen, wo der ungünstige Befund bestätigt wurde. Uns wurde mitgeteilt, dass die Prognose im Falle einer Operation maßgeblich davon abhänge, wie schnell er sich an die neue Situation gewöhnt und wieder normal frisst.
Wir haben uns die Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht, pro und contra für Nelson abgewogen und uns schließlich für die OP entschieden. Nelson war immer ein Kämpfer, er will leben und wir konnten ihn noch nicht aufgeben. Der Eingriff wurde direkt früh am nächsten Morgen vorgenommen, mittags kam dann der erlösende Anruf: Nelson hat alles gut überstanden und die OP ist ohne Komplikationen verlaufen.
Da waren wir natürlich erst einmal erleichtert… nun aber die spannende Frage: wird er wirklich normal fressen können und wird er Schmerzen haben? Gegen die Schmerzen bekam er Medikamente, aber fressen musste er allein schaffen. Er schaffte es – bereits am Nachmittag die erfreuliche Nachricht – Nelson frisst schon wieder! Wir waren mega glücklich, die zweite große Hürde war gemeistert. Nelson fraß auch in den Folgetagen gut und immer mehr und auch die Schmerzmittel konnten schon nach 4 Tagen komplett abgesetzt werden.
Es ging wieder bergauf und so konnten wir ihn bereits 6 Tage nach der OP wieder nach Hause holen. Im Vergleich zu vorher ging es ihm blendend. Er hatte zwar immer noch eine dicke Beule, aber die soll mit der Zeit (vielleicht sogar vollständig) verschwinden. Nach 14 Tagen konnten die Fäden gezogen werden und Nelson durfte wieder zu seinen Kumpels auf die Wiese. Das war uns immer besonders wichtig, denn er sollte ein artgerechtes und normales Leben führen können.
Die Operation ist nun 6 Wochen her. Nelson geht es prima, zwar immer noch mit einer kleinen Beule, aber er frisst normal, tobt und hat auch keine Schmerzen.
Drückt uns alle die Daumen, dass es weiter bergauf geht und wir für ihn wirklich die richtige Entscheidung getroffen!